Ella, zwei OPs und eine innige Freundschaft
Als ich 1987 meinen McCormick DGD 4 für 1000,- DM gekauft habe, dachte ich eigentlich nur ans „Holz machen“, schließlich waren unsere Heizungskosten so hoch, dass ich mit selbst geschlagenen Holz heizen wollte. An einen Oldtimerclub habe ich damals keinen Gedanken verschwendet, da der Trecker ein einfaches Nutzfahrzeug war. Meine „Ella“, wie ich meine treue Seele von DGD 4 getauft habe, hat mir in all den Jahren sehr gute Dienste erwiesen. Jährlich haben wir gemeinsam 30 Meter Holz gewuppt und uns war zuhause nie kalt. Ella wurde in all den Jahren fast schon ein Familienmitglied. Meine drei Kinder hatten auch immer ihren Spaß mit und auf dem Trecker, ob es das Schlittenziehen im Winter, das Bierholen für die Geburtstagsfete oder Picknickausfahrten auf den Burgberg waren. Mit Ella verbinden wir alle schöne Erinnerungen, lustige und komische Stunden.
Als mein angeheirateter Cousin Friedel Koch mich dann im Jahr 2001 fragte einen Oldtimerverein mit zugründen, war ich sofort dabei. Da Ella schon beim Kauf mit 33 Jahren eine betagte Dame war, nagte 2007 der Zahn der Zeit an ihr und ich musste ihren Motor generalüberholen. Als gelehrter KFZ-Mechaniker war es eine Selbstverständlichkeit, dass ich selber die Herz-OP ausführte. Schließlich wollte ich auch weiterhin mit Ella am Vereinsleben teilnehmen.
Seit der Motor-Generalüberholung habe ich immer wieder Touren mit meinem McCormick gemacht. Die Weiteste führte uns nach Lüneburg zu den Vereinsmitgliedern Evelyn und Klaus. Zwei Tage fuhren meine Ella und ich und noch drei weitere Vereinsmitglieder vom Weserbergland in die Lüneburger Heide. Immer auf kleinen Straßen und um die Autobahn herum, sodass wir den Verkehr nicht blockierten. Wir verbrachten ein schönes Wochenende mit den anderen Vereinsmitgliedern und unseren Frauen, die mit dem bequemeren Gefährten anreisten. Auf der zweitägigen Rückfahrt bin ich so nass geworden – Ella ist ja ein Cabrio-Trecker –, dass ich zuhause nicht nur meine Klamotten, sondern auch die Geldscheine aus meinem Portemonnaie auf die Leine zum trocknen hängen musste.
Die größte OP, die Ella über sich ergehen lassen musste, war im Jahr 2010. Wir, wieder einmal beim Holz machen im Solling, fuhren auf einem Wirtschaftsweg. Ich wollte wenden und fuhr rückwärts, doch plötzlich war Ella zweigeteilt. Ich war sehr verwundert, da wir mit nichts zusammengestoßen sind und auch kein dicker Stein auf dem Weg Schaden hätte zuführen können. Doch nun standen wir da im Wald, Ella zweigeteilt, der Vorderachsträger vom Motor abgerissen. Da die Vorderräder mit zwei Schubstangen gelenkt werden blieb der Vorderachsträger unterm Frontgewicht hängen. Ohne die Lenkung mit den zwei Schubstangen wäre mein geliebter Trecker noch weiter entzweit worden und der gesamte Trecker wäre mit der Ölwanne auf die Erde geknallt. Ein Abtransport für die Reparatur war unmöglich, so musste die OP vor Ort durgeführt werden.
Friedel Multhoff wurde gerufen und schweißte den Vorderachsblock. Somit war Ella zumindest fürs erste transportfähig und wurde aus dem Wald geschleppt. Dank Stefan Koch, der einen guten gebrauchten Träger im Internet fand, konnte ich Ella wiederbeleben.
Sie läuft bis heute, die OPs haben keine spürbaren Folgen hinterlassen und somit bekommt Ella auch alle zwei Jahre ihren TÜV-Aufkleber neu.
Heinrich Severin